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Die Rothemden-Proteste - Teil 1: Prolog und März 2010 - Phan Fa-Brücke
Die Rothemden-Proteste - Teil 2: 01. - 17. April - die gescheiterte Niederschlagung
Die Rothemden-Proteste - Teil 3: 18. - 20. April - die Barrikade und der Aufmarsch der Sicherheitskräfte
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Die Herrschaft des Mobs
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21. April
Gewalttätige Ausschreitungen
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Abends, meistens mit Beginn der Dämmerung, versammelte sich in der Silom Road in der Nähe der U-Bahnstation/Kreuzung Sala Daeng eine größere Menschenmenge, die sogenannte Silom-Lovers-Group, um gegen die Rothemden zu protestieren. Die Gruppe bestand am Anfang überwiegend aus Anwohnern und betroffenen Geschäftsinhabern. Mit der Zeit mischten sich immer mehr Multi-Coloured- und Gelbhemden unter die Demonstranten und die Gruppe wurde mit jedem Tag größer. Schließlich schlossen sich den Demonstranten auch Gruppen von Jugendlichen, Motorradgangs und jungen Männern und Frauen an, die mit den Protesten nicht viel am Hut hatten. Laut Aussage eines Bekannten, der wohl einige von ihnen vom Sehen her kannte, handelte es sich dabei um Jugendgangs und Hooligans, die auf Gewalt aus waren. Die Polizei vor Ort war offensichtlich überfordert, die Befehlskette zum Oberkommando der Polizeikräfte funktionierte nicht und die Einsatzgruppenleiter vor wagten nicht, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen.
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Bereits mehrfach hatten Anhänger der Silom-Lovers-Group (SLG) an diesem Abend Passanten angepöbelt oder bedroht, die sie aus irgendeinem Grund verdächtigten, Rothemden zu sein, als plötzlich die Situation eskalierte. Eine Gruppe von Männern attackierte mit Holzstöcken und Eisenstangen einen alten, leicht lädierten Pkw, der in Richtung Sala Daeng-Kreuzung fuhr. Der Grund dafür war und ist uns bis heute nicht bekannt, vielleicht, weil der Wagen rot war oder alt oder beides. Die Aufnahme oben zeigt den Wagen, kurz bevor es einem Randalierer gelang, die Fensterscheibe auf der Fahrerseite einzuschlagen. Sofort versuchten mehrere Männer mit Holzstöcken und Eisenstangen dem Fahrer ins Gesicht zu schlagen. Nur dem beherzten Eingreifen einiger freiwilliger Helfer und der Wachen der SLG war es zu verdanken, dass der Fahrer unverletzt (?) entkommen konnte.
Nach diesem Vorfall verlor die Polizei vollkommen die Kontrolle, der Pöbel drängte die Polizisten an die Seite und überrannte die Absperrungen vor der Barrikade der Rothemden.
Als die Anhänger der SLG die Kreuzung erreichten, wurden sie von jenseits der Barrikade mit einem Hagel aus Steinen und Flaschen eingedeckt. Außerdem wurden sie von den UDD-Wachen, die mit Steinschleudern bewaffnet waren, mit Schrauben, Glasmurmeln und Stahlkugeln beschossen. Die Anhänger der SLG erwiderten den Angriff mit Pflastersteinen und anderen Wurfgeschossen.
Das Bild unten zeigt die mit Wurfgeschossen übersäte Straße.
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Gegen 21.52 Uhr versuchte der Mob in der Silom Road ein weiteres Mal, einen Mann zu lynchen, von dem sie glaubten, dass er ein Rothemd sei. Der junge Mann war kurz zuvor von einigen Demonstranten dabei beobachtet worden, wie er aus dem Lager der Rothemden gekommen war. Als der Mann die Silom erreichte, wurde er sofort von den Randalierern angegriffen. Einzig dem massiven Eingreifen der Soldaten ist es zu verdanken, dass der Mann nicht zu Tode geprügelt wurde. Sie feuerten sogar mehrmals in die Luft, als der Mob die Angriffe trotz der Soldaten nicht einstellen wollte. Wie sich später herausstellte (laut Information von einem Passanten, der sich mit den Soldaten unterhalten hatte), handelte es sich bei dem jungen Mann um einen Soldaten in Zivil, der das Lager der Rothemden auskundschaften sollte. Nach diesem Vorfall bekamen die Einsatzkräfte die Lage wieder einigermaßen unter Kontrolle und die Lage beruhigte sich. Es kam an diesem Abend zu keinen weiteren Zwischenfällen.
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22. April
Die Eskalation der Gewalt
13.40 Uhr - inzwischen fand täglich zwischen 12.00 und 14.00 ein Anti-Rothemden-Protest unter der Hochbahnstation Sala Daeng statt. Zeitweise nahmen bis zu 1.500 Menschen an den friedlichen, von der Silom-Lovers-Group veranstalteten Protestaktionen teil.
Abends jedoch mischten sich wieder gewaltbereite Unruhestifter unter die Demonstranten, und es dauerte nicht lange, bis wieder wüste Drohungen und Beschimpfungen in Richtung Barrikade gebrüllt und Steine und Flaschen ins Rothemdenlager geworfen wurden.
Als wir uns abends gegen 20.00 Uhr der Kreuzung Sala Daeng näherten, hörten wir mehrere Explosionen. Fünf M 79 Granaten waren im Bereich der Hochbahnstation eingeschlagen. Sie waren aus dem von den Rothemden besetzten Gebiet abgefeuert worden, das gilt als sicher. Wer sie allerdings abgefeuert hat, ist bis heute nicht geklärt. Die Regierung und die Armeeführung beschuldigten sofort die UDD. Die Rothemden stritten jedoch jegliche Verantwortung ab und distanzierten sich von den Anschlägen.
http://www.reuters.com/article/2010/04/22/us-thailand-idUSTRE63H06E20100422
Mindestens eine Frau wurde getötet und mehr als 70 Personen wurden bei den fünf Explosionen verletzt.
20.50 Uhr - eine verletzte Frau wird von Soldaten und freiwilligen Helfern zu einem Notarztwagen getragen.
Ohne Unterbrechung trafen Notarztwagen und Ambulanzen aus den umliegenden Krankenhäusern ein.
Der Eingang zu dieser Bank war ein bevorzugter Platz für Beobachter, um bei eskalierender Gewalt in Deckung zu gehen. Auch wir hatten uns dort mehrmals vor den umherfliegenden Steinen und Geschossen in Sicherheit gebracht. Wären wir an diesem Abend 20 Minuten eher am Schauplatz eingetroffen, wären wir vielleicht auch unter den Opfern gewesen.
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Zufahrt zum Robinson-Kaufhaus. Die Soldaten hatten den Toten gerade weggebracht. |
Gegen 21.00 Uhr bildete sich vor der Zufahrt des Parkhauses der Robinson-Shopping-Mall (existiert heute nicht mehr) eine Menschentraube und wir hörten lautes Geschrei. Eine Gruppe von 10 bis 12 Männern schlug mit Eisenstangen und Holzlatten auf einen hilflosen, am Boden liegenden Motorradtaxi-Fahrer ein, der ein "Truth Today"-Halstuch der Rothemden trug. Ich war dermaßen geschockt über dieses hemmungslos brutale Verhalten, dass ich vergaß, Fotos zu machen und stattdessen versuchte (ohne groß vorher darüber nachzudenken was ich da tue) die neben mir stehenden Männer vom Prügeln abzuhalten und sie zu beschwichtigen (ja, ich weiß, es war dumm und falsch so zu handeln, da ich unter anderem den Neutralitätskodex von Journalisten und Fotografen in Krisengebieten verletzt habe - aber manchmal kann man halt nicht anders). Sofort wollten zwei der Schläger auf mich losgehen, und ich habe es nur dem beherzten Eingreifen der Wachen der Silom-Lovers-Group zu verdanken, dass ich ungeschoren davon kam. Später, als ich dabei war mich von dem Schock zu erholen und das gerade Erlebte zu verarbeiten, kam einer der beiden Angreifer auf mich zu und entschuldigte sich bei mir. Ich konnte nur mit mai pen rai, mai pen rai (macht nichts, ist schon gut) antworten.
Als die Soldaten schließlich dazwischen gingen, bewegte sich der Motorradtaxi-Fahrer nicht mehr. Ein Soldat untersuchte den Mann und schüttelte nur den Kopf, dann trugen mehrere Soldaten den leblosen Körper in den abgesperrten Bereich des Parkhauses. Da den ganzen Abend lang kein Krankenwagen vorfuhr oder ein anderes Fahrzeug das Parkhaus verließ, müssen wir davon ausgehen, dass der junge Motorradtaxi-Fahrer den Abend nicht überlebt hat.
In den englischsprachigen Tageszeitungen in Thailand wurden diese Gewaltexzesse während der Anti-Rothemden-Proteste mit keinem Wort erwähnt.
Ein japanischer Kameramann wurde von einer Stahlkugel am Bein getroffen, war aber nach ca. 30 Minuten bereits wieder dabei, Filmaufnahmen zu machen.
22.22 Uhr - Die Nerven der Soldaten lagen nach dem Granat-Angriff blank. Als jemand eine angeblich verdächtige Bewegung in einem offen stehenden Fenster gesehen hatte, nahmen sie das Fenster sofort mit ihrem M16-Gewehren unter Beschuss. Ob dort wirklich jemand war, ist nur schwer zu sagen, denn der Raum hinter dem Fenster lag im Dunkeln.
Als die Randalierer erneut die Barrikade attackierten, griff die Polizei endlich ein; die Beamten sperrten die Fahrbahnen in Richtung Kreuzung ab und drängten die Hooligans zurück. Letztere warfen daraufhin der Polizei vor, mit den Rothemden zu kollaborieren und attackierten die Polizisten mit Steinen, Flaschen und Holzlatten. Um 23.41 Uhr gab die Einsatzleitung der Polizei den Befehl, gegen die Chaoten mit Gewalt vorzugehen und die Proteste der Randalierer zu beenden.
Der Mob flieht vor den heranstürmenden Polizisten.
Nach diesem Abend beruhigte sich die Situation zunächst wieder und es kam vorerst zu keinen weiteren Gewaltexzessen entlang der Barrikade und in der Silom Road.
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23. April
"A battle of words"
Auf den Schildern der SLG- Demonstranten steht zu lesen: Haut ab, Terroristen! Rothemden sind Mörder!
Auf dem Transparent der Rothemden steht: (wir sind) keine Terroristen, (wir sind) nicht gewalttätig.
(wir sind) nur friedlich (und wollen) Demokratie
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25. April
Im Camp der Rothemden
Dosenwerfen auf Abhisits Konterfei.
UDD-Anhänger vor der Bühne an der Ratchaprasong-Kreuzung.
UDD-Wachen drängten wütende Anhänger ab, die auf einen am Boden liegenden Mann eintraten. Angeblich sei er ein Spion der Gelbhemden gewesen. Die Sicherheitsleute brachten ihn zunächst in den abgesperrten Bereich des Media-Centers hinter der Bühne und von dort fuhren sie ihn in einem Pkw aus dem Lager heraus. Ähnliche Übergriffe auf angebliche Gelbhemden oder "Spione", wie uns eine ältere Frau "aufklärte", konnten wir mehrfach beobachten. Unter anderem am Skywalk gegenüber der Filiale einer Hamburger-Kette im Amarin Plaza.
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26.April
Gegendemonstration der Multi-Coloured-Shirts (die Anti-UDD Bewegung der Ultra-Royalisten) am Siegesdenkmal. Aber statt der erhofften 10.000 Teilnehmer kamen nur weniger als 1.000 Demonstranten.
Nach den Gewaltexzessen der vorherigen Tage wurden die Einsatzkräfte der Polizei mit neuer Schutzkleidung ausgestattet.
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28. - 30. April
Impressionen
Die Barrikade.
Straßensperre in der Silom.
Alle Fahrzeuge, die sich in Richtung des Camps der Rothemden bewegten, wurden nach Werkzeugen oder Waffen untersucht.
Ein Wachposten an der Kreuzung Silom Road/Narathiwat Road.
Die Bars und Bordelle in der Pat Pong blieben an diesen Tagen leer.
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Ende des vierten Teils.
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